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Vor ein paar Jahren hatte man in der Pferdefütterung noch große Angst vor zu viel Eiweiß im Futter, inzwischen hat ein Umdenken hinsichtlich bei den Aminosäuren beim Pferd stattgefunden. 

Es hat sich herumgesprochen, dass die Eiweißversorgung unserer Pferd unter bestimmten Umständen zu knapp sein kann. Und auch die gezielte Zufütterung von Aminosäuren in bestimmten Situationen wird nun immer häufiger praktiziert. So wird viel diskutiert über verschiedene Aminosäuren, wieviel man wovon geben sollte und welche Produkte die besten seien. 

 

Warum füttert man Aminosäuren zu?

Nicht jedes Pferd braucht Futtermittel, denen extra Aminosäuren zugesetzt sind. Bei gesunden Pferden, die ausreichend (nicht zu spät geerntetes)Aminosäuren beim PferdAuf einer solchen Wiese ist die Eiweißversorgung sicher mehr als ausreichend! Heu bekommen, muss man sich über die einzelnen Aminosäure eher keine Gedanken machen. Aber gerade bei unseren heutigen "Freizeitpferden" ist genau das eher nicht die Regel. 

Sehr viele dieser Pferde leiden unter Übergewicht. Neben Berufstätigkeit und Familie fehlt es oft an genügend Zeit, das Pferd täglich wirklich genug zu bewegen und wir alle möchten unseren Pferden ja trotzdem gerne ausreichend lange Fresszeiten bieten. So wird häufig recht spät geerntetes Heu verfüttert und dieses ist in der Regel eher eiweißarm. Gleichzeitig gibt man diesen wenig arbeitenden Pferden natürlich kein (kaum) Kraftfutter und nur wenig (oder keinen) Weidegang. So fehlt recht häufig Eiweiß in der Ration. Und nun möchte man deswegen nicht  durch große Futtermengen wiederum viel zusätzliche Energie ins Pferd bringen, also benötigt man recht konzentrierte Eiweißfuttermittel mit hoher Proteinqualität um den Bedarf zu decken (dazu hatte ich in "Gefährliches Eiweiß?" einiges geschrieben). Und wenn man dann zwar den Eiweißbedarf gerade so gedeckt hat, kann es trotzdem sein, dass es an einigen Aminosäuren noch fehlt und diese gibt man darum bei eher knapper Eiweißversorgung sicherheitshalber dazu.

Auch der Gesundheitszustand des Pferdes kann ein Grund sein, extra zugesetzte Aminosäuren zu füttern. Sehr viele unserer Pferde (auch unserer Freizeitpferde) leiden unter Magen- und / oder Darmproblemen. Wir wissen oft nicht genau, ob die Eiweißverdauung im Dünndarm so reibungslos abläuft wie beim ganz gesunden Pferd. Auch bei älteren Pferden, bei Pferden mit EMS oder PPID (Cushing) gibt es häufig Beeinträchtigungen. Und so tut man gut daran, diesen Pferden sicherheitshalber über entsprechende Produkte solch extra zugesetzte Aminosäuren zu füttern, die direkt im Dünndarm aufgenommen werden können.

 

Welche Aminosäuren beim Pferd sind wichtig?

Auf den Futtermitteletiketten liest man meist vor allem von 3 Aminosäuren: Lysin für die Muskulatur, Methionin für Huf und Haar und Tryptophan für die Nerven. Aber sind dies wirklich die Aminosäuren, die am ehesten fehlen können? Und wieviel sollte wovon denn  zugeben? Und was ist mit dem Threonin, das manchmal auch aufgeführt wird, aber von dem man sonst wenig liest?

Da hole ich ein wenig weiter aus: Es gibt 21 (manchmal wird auch von 20 geschrieben) verschiedene Aminosäuren. Einige davon kann der Körper selber herstellen, andere müssen über die Nahrung aufgenommen werden, sind also essentiell.  Man geht davon aus, dass die die Aminosäuren Arginin, Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin essentiell sind. Vieles ist jedoch noch nicht wirklich erforscht und wir wissen aus diesem Bereich noch erstaunlich wenig.

Und was hat es mit den limitierenden Aminosäuren auf sich, von denen man so oft liest? 

Der Körper nimmt Eiweiß auf, zerlegt dieses in die einzelnen Aminosäuren und nutzt sie, um daraus die Strukturen aufzubauen, die er benötigt.  Für jede Struktur gibt es genaue "Baupläne". Fehlt nun auch nur EINE der Aminosäuren, dann kann nicht "weitergebaut" werden. Da kann es von den anderen noch so viel geben - es kann ohne diese fehlende Aminosäure nicht weitergebaut werden.

MinimumtonneDie Aminosäuren sind hier nur beispielhaft und NICHT maßstabsgetreu im Fass dargestellt!Das "Gesetz vom Minimum" bezog sich ursprünglich auf die Pflanzenernährung, gilt aber im Grunde für alle Organismen. Es besagt, dass die jeweils knappste Ressource das Wachstum begrenzt. Ein anschauliches Modell dazu ist das "Liebigsche Fass". Wir stellen uns also ein Holzfass vor und jede Aminosäure bildet eine Daube (also eine Latte im Fass). Wenn nun nur eine der Dauben kürzer als die anderen ist (also eine Aminosäure zu wenig vorhanden ist), dann läuft der Fassinhalt aus - egal, wie lang die anderen Dauben sind. Die kürzeste Daube bestimmt, wieviel in das Fass eingefüllt werden kann. Und diese kürzeste Daube ist übertragen dann das, was wir "erstlimitierende Aminosäure" nennen.

Die Aminosäuren, bei denen es am ehesten zu einem Engpass kommen kann, sind also die limitierenden Aminosäuren. Sie sind limitierend, weil sie aller Wahrscheinlichkeit nach als erstes die "kurzen Dauben im Fass" bilden. Beim vorwiegend mit Heu und Gras ernährten  Pferd sind dies Lysin, Methionin (wird mit Cystin zusammengefasst als schwefelhaltige Aminosäuren - SAS) und Threonin.

Wie oben schon erwähnt liest man erstaunlicherweise von Threonin sehr wenig, obwohl also unsere Pferden einen nicht unerheblichen Bedarf an dieser Aminosäure haben. Da Threonin häufig sogar die erstlimitierende Aminosäure ist, ist es sehr interessant, einmal ein Blick darauf zu werfen, an welchen Stellen im Körper diese Aminosäure ganz besonders wichtig ist: Sie ist unter anderem notwendig für den Aufbau von Kollagen und Elastin - also wichtig z.B. für die Elastizität von Sehnen und Bändern. Auch für die Lebergesundheit und fürs Immunsystem ist eine ausreichende Threoninversorgung notwendig. 

Noch weit beeindruckender ist jedoch die Rolle, die Threonin für die Darmgesundheit spielt: Die ausreichende Threoninversorgung ist unabdingbar für gesundes Darmgewebe, denn Threonin ist in recht hoher Menge in den Muzinen (Schleimstoffe zum Schutz der Schleimhäuten) enthalten. Diese Schleimstoffe dienen als Barriere vor Krankheitserregern, vor mechanischen und chemischen Reizungen. Somit ist Threonin also ganz besonders wichtig für den Erhalt der gesunden Darmschleimhaut und die gesunde Darmschleimhaut wiederum ist Voraussetzung für die gute Futterverwertung! 

 

Wieviel von diesen limitierenden Aminosäuren sollte man füttern?

Dazu schauen wir uns zunächst den Bedarf des Pferdes und die beispielhaften Gehalte in Heu unterschiedlichen Schnittzeitpunktes an. Zum einfacheren Vergleich gehen wir von einem 500 kg Pferd aus, das mit je 10 kg Heu täglich versorgt wird:

 

  Aminosäure  Heu in der Blüte* Heu nach der Blüte* Heu Beginn Samenreife* Heu überständig* Bedarf 500 kg-Pferd Erhaltung**
pcv Lysin 21 g 17 g 12 g 8 g 13 g
pcv SAS 11 g 9 g 8 g 7 g 9 g
pcv Threonin 20 g 15 g 13 g 8 g 16 g

Nach Analysewerten zusammengestellt von Herrn Otfried Lengwenat

** aus "Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden", DLG Verlag 2014

BITTE BEACHTEN: Die Aminosäuregehalte im Heu schwanken stark. Die oben genannten Werte sind eher beispielhaft zu sehen. Für wirklich genaue Berechnungen müsste man jeweils Analysen vornehmen lassen.

Wie man also sieht, reicht die Threonin-Versorgung in unserem Beispiel schon beim gegen Ende der Blüte geschnittenen Heu nicht mehr aus. Auch zu jedem der folgenden Schnittzeitpunkte haben wir beim Threonin die größte Fehlmenge. In Erhaltung ist dies also die erstlimitierende Aminosäure, gefolgt von Lysin und dann erst den schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystin (SAS).

Man sollte nun aber auf keinen Fall den Fehler machen, bei sehr spät geerntetem Heu NUR diese 3 Aminosäuren in solch hoher Menge zu ergänzen. Da denken wir wieder an das Liebigsche Fass: Auch die anderen essentiellen Aminosäuren sind in ausreichender Menge wichtig. Geben wir bei größeren Fehlmengen also dvRP nur in Form von extra zugesetztem Lysin, Methionin und Threonin zu, so reicht möglicherweise eine der anderen Aminosäuren nicht mehr aus. Und so erhöhen wir bei größeren Fehlmengen besser den Gehalt an dünndarmverdaulichem Rohprotein insgesamt in der Ration (eiweißreiche Futtermittel mit unterschiedlichen Aminosäuremustern und hoher Proteinqualität, nachzulesen hier: Gefährliches Eiweiß?) und geben aber gerne zusätzlich die limitierenden Aminosäuren dazu.

Und wie sieht es z.B. während der Laktation oder im Wachstum aus? Wie verändert sich in dieser Zeit der Bedarf? Auszugsweise habe ich einfach einmal ein paar Werte zum Vergleich herausgegriffen: 

 

   Aminosäure     500 kg-Pferd 30. Tag Laktation**       Pferd Endgew. 500 kg mit 6      Monaten**   Pferd Endgew. 500 kg mit 2 Jahren**
pcv Lysin 45 g 20 g 16 g
pcv SAS 23 g 12 g 10 g
pcv Threonin 33 g 17 g 17 g

** aus "Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden", DLG-Verlag 2014

Bei Pferden in der Zucht wird zumindest zeitweise (bei sehr starkem Wachstum) mehr Lysin als Threonin benötigt und so kehrt es sich hier um: Lysin ist dann zeitweise die erstlimintierende Aminosäure gefolgt von Threonin. Lysin und Threonin sind also (je nach Situation) die erstlimitierenden Aminosäuren, gefolgt von Methionin als drittlimitierende Aminosäure. 

Schaut man sich diese Werte so an, dann wundert man sich nun durchaus, warum Futtermitteln teilweise so sehr viel Lysin und Methionin beigesetzt ist - aber Threonin fehlt manchmal ganz oder wird weniger als Methionin zugesetzt. Und wenn man sich dann überlegt, dass Threonin ja auch gerade für die Darmgesundheit so wichtig ist, sollte man Threonin wohl durchaus mehr in den Focus rücken. Darum also ist den Sapodoris-Produkten jeweils deutlich mehr Threonin als Methionin beigesetzt. 

 

Quellenangaben: 

Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden der GfE (DLG Verlag 2014)

Erfahrungen mit dem Einsatz von Aminosäuren ind er Sportpferdefütterung,  Vortrag von Dipl. - Ing. agr. O. Lengwenat 2017

Pferdefütterung, Manfred Coenen / Ingrid Vervuert (Thieme Verlag 2020)

Aminosäuren in Prävention und Therapie, Gröber / Kisters (Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft Stuttgart 2020)

Über die Bedeutung des Threonins für das Darmgewebe, Dr. Jörg Bartelt, Prof. Ortwin Simon (Lohmann Informationen 4/2002)